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Fokus: Kommunikation

Wie Unterstützte Kommunikation bei Sehbeeinträchtigung gelingt

Viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene, insbesondere jene mit einer Mehrfachbeeinträchtigung, benötigen bei der Kommunikation Unterstützung. Die sogenannte Unterstützte Kommunikation (UK) ist hier ein gutes Hilfsmittel. Haben die betroffenen Personen aber zusätzlich eine Sehbeeinträchtigung, braucht es spezielle Anpassungen, Kreativität und fundiertes Wissen bei der Umsetzung.

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Wie Unterstützte Kommunikation
bei Sehbeeinträchtigung
gelingt

Viele Kinder, Jugendliche und Erwachsene, insbesondere jene mit einer Mehrfachbeeinträchtigung, benötigen bei der Kommunikation Unterstützung. Die sogenannte Unterstützte Kommunikation (UK) ist hier ein gutes Hilfsmittel. Haben die betroffenen Personen aber zusätzlich eine Sehbeeinträchtigung, braucht es spezielle Anpassungen, Kreativität und fundiertes Wissen bei der Umsetzung.

Im Sonnenberg werden Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit verschiedenen Beeinträchtigungen begleitet und gefördert: Verhalten, Sprach- und Sehbeeinträchtigung, kognitive Beeinträchtigung oder Autismus sind einige der zentralen Themen. Entsprechend vielfältig sind die Begleit- und Unterstützungsangebote. Unterstützte Kommunikation (UK) trifft man hier an vielen Orten an. So kann man auf dem farbigen Wochenplan beim Empfang beispielsweise mit Piktogrammen und über eine Sprachmitteilung hören und sehen, was es zum Zmittag gibt. Neben der Toilettentür hängt ein Symbolgegenstand, der zeigt, was sich hier befindet. Und die Morgenrituale der Lerninseln werden oft mit Bildern, Sprachausgabegeräten oder Gebärden unterstützt.

Passende Methoden bei einer Sehbeeinträchtigung

UK bietet viele unterschiedliche Möglichkeiten, den Nutzer:innen einen besseren Zugang zu Kommunikation und damit Teilhabe, Selbstwirksamkeit und ein soziales Miteinander zu ermöglichen. Allerdings haben die Hilfsmittel und Methoden oft einen Nachteil: die meisten sind auf den Sehsinn ausgerichtet. Fehlt dieser oder ist die Sehfähigkeit eingeschränkt, ist es viel anspruchsvoller, die passenden Mittel zu finden.

In solchen Fällen ist es wichtig, die Kommunikationsangebote und Hilfsmittel sehr gezielt auszuwählen oder anzupassen. Die für die UK erforderlichen Sehleistungen müssen bekannt sein und sollten wenn möglich spezifisch gefördert werden. Dazu gehören unter anderen folgende:

  • visuelle Aufmerksamkeit und Interesse
  • Auge-Hand-Koordination
  • Farbensehen
  • Sehschärfe und Kontrastsehen
  • Gesichtsfeld
  • Sehverhalten im Alltag
  • Gesichtserkennung
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Im Sonnenberg erfahren die Kinder den Tagesablauf unter anderem anhand von Bildern und Piktogrammen.

Zusammenarbeit der verschiedenen Disziplinen

Es spielt eine grosse Rolle, ob die betroffenen Personen die Aufmerksamkeit gezielt auf etwas richten können, sie Menschen oder Gegenstände erkennen oder ob das Gesichtsfeld eingeschränkt ist. Eine möglichst detaillierte Low-Vision-Abklärung ist deshalb auch für die Kommunikation eine wichtige Grundlage. Die frühzeitige aktive Förderung in diesen Bereichen ermöglicht und erleichtert die Umsetzung von UK-Massnahmen. Im Sonnenberg stellt ein interdisziplinäres Team, bestehend aus Fachpersonen aus den Bereichen Therapie, Pädagogik und aus der Fachstelle Reha-Sehen, die Förderung sicher. So werden auch motorische Möglichkeiten, die richtige Platzierung von Hilfsmitteln und die Umsetzung im Alltag berücksichtigt.

Heilpädagogisches Schul- und Beratungszentrum Sonnenberg

Der Sonnenberg betreut und begleitet Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene mit besonderen Bedürfnissen, Seh-, Mehrfach-, Sprach- und Wahrnehmungsbeeinträchtigung oder Verhaltensauffälligkeit. Angeboten werden Leistungen in den Bereichen separative und integrative Sonderschulung, Rückgliederungsbegleitung, heilpädagogische Früherziehung sowie Wochenend- und Ferienentlastung.
www.sonnenberg-baar.ch

Unentdeckte Sehbeeinträchtigung

Aus Studien der frühen 2000er Jahre in Deutschland ist bekannt, dass rund 20 bis 40 Prozent der Schüler:innen in Sonderschulen auf Unterstützte Kommunikation angewiesen sind. Bei Kindern und Jugendlichen mit Mehrfachbeeinträchtigung ist dieser Anteil eher noch höher. In der Schweiz geht man zudem aufgrund einer nationalen Studie (SZBlind und HfH Zürich, 2005) davon aus, dass rund 25 Prozent der Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung auch eine Sehbeeinträchtigung aufweisen. Rund zwei Fünftel davon wurden aber nicht diagnostisch, sondern nur durch Alltagsbeobachtungen erkannt. Aufgrund der Studie vermuten Fachleute, dass gerade bei Menschen mit schwerer Mehrfachbeeinträchtigung oft eine vorhandene Sehbeeinträchtigung nicht diagnostiziert wird und diese Personen dadurch gar keine oder nur wenig spezialisierte Unterstützung erhalten. Dies hat weitreichende Auswirkungen – da in diesem Fall visuell aufgebaute Massnahmen weniger bis gar keinen Erfolg haben.

Anpassen der Kommunikationshilfsmittel

Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass bei einer Sehbeeinträchtigung die UK-Hilfsmittel gezielt angepasst werden müssen. Konkret können beispielsweise Piktogramme vergrössert, Farben verändert oder der Kontrast erhöht werden. Ist die Sehleistung nicht ausreichend, braucht es tast- und hörbare Angebote. Wir arbeiten im Sonnenberg auch mit Symbolgegenständen, welche einer Aktivität oder einem Raum zugeordnet sind. Damit können wir auf einfache Weise einen Tagesablauf erstellen. Die Symbolgegenstände bieten uns auch die Möglichkeit, dass Nutzer:innen ihren Ablauf mitbestimmen oder auswählen können. Andere Möglichkeiten sind Vorlesestifte sowie Taster mit Sprachaufnahmen. Bilder arbeiten wir so auf, dass sie spürbar sind, und oft stellen wir zusätzliche Materialien zum Tasten, Schmecken, Riechen und Spüren zur Verfügung. Geschichten präsentieren wir so, dass sie die Kinder und Jugendlichen mit allen möglichen Sinnen erleben können.

Fazit: UK gelingt auch bei Sehbeeinträchtigung

UK lässt sich bei Menschen mit Mehrfach- oder Sehbeeinträchtigung sehr wohl umsetzen. Es braucht dazu Fachwissen und ein Zusammenspiel verschiedener Disziplinen. Damit werden Unterstützungsangebote passgenau aufgebaut und erfolgreich umgesetzt. Nur wenn alle involvierten Personen die Sehbeeinträchtigung der Betroffenen berücksichtigen, können mit UK-Massnahmen bestmögliche Ergebnisse erzielt werden. Leider gibt es allerdings immer noch zu viele Menschen mit Beeinträchtigung, bei denen die Sehbeeinträchtigung nicht erkannt wird. Hier liegt es am Umfeld, hinzuschauen und mögliche Abklärungen anzuregen, damit die Basis für eine gelingende Kommunikation mit UK geschaffen werden kann.

Text: Regula Bruggmann, Support UK, Sonnenberg
Fotos: Sonnenberg

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