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Fokus: Fortschritt

Tabula Musica: Barrierefrei musizieren

Geigenklänge können nur mit einem Wimpernschlag, Beats mittels Gesten erzeugt werden. Dies funktioniert dank den neusten Technologien. Das Tabula Musica Orchester bringt diese musiktechnologischen Instrumente Menschen mit Behinderung näher.

Tabula Musica Orchester bei der Probe

Barrierefrei
musizieren

Moderne Technologien bringen neue Möglichkeiten hervor, barrierefrei zu musizieren. So können etwa Geigenklänge nur mit einem Wimpernschlag oder Beats mittels Gesten erzeugt werden. Das Tabula Musica Orchester integriert diese musiktechnologischen mit traditionellen Instrumenten und bringt sie an Workshops Menschen mit Behinderung näher.

Musizieren, nicht etwa zu therapeutischem Zweck, sondern aus Freude an der Musik, ist das Ziel des inklusiven Orchesters Tabula Musica in Bern. Hier stehen die Musiker:innen allerdings nicht nur mit klassischen Instrumenten auf der Bühne, sondern eben auch mit einem «Skoog», einem «Soundbeam» und bald auch mit der neusten Anschaffung, dem «Motion Composer». «Das sind adaptive musiktechnologische Instrumente, die sich dank der Nutzung neuester Technologien mit Bewegung und teils sogar mit nur einem Wimpernschlag bespielen lassen. Somit sind sie für viele Menschen mit Behinderung der Schlüssel, sich überhaupt musikalisch betätigen zu können», erklärt Noel Schmidlin, Orchesterleiter von Tabula Musica.

Vergangenen Sommer stellten er und sein Team die futuristisch anmutenden Instrumente anlässlich der Aktionstage Behindertenrechte in der Musikschule Konservatorium in Zürich vor und lud die Besucherinnen und Besucher dazu ein, die Instrumente gleich selber auszuprobieren. Es ging nicht lange, und bald schon erklangen die ersten Melodien.

Weil sich die Instrumente mit einer App steuern und programmieren lassen, sind die musikalischen Möglichkeiten schier unendlich. So können die Musiker:innen beispielsweise zwischen zahlreichen Instrumenten auswählen, etwa Violine, Flöte oder Klavier. Auch definieren sie, ob die Musik mit kleinen Handbewegungen oder doch lieber mit grossen Gesten gesteuert werden soll. Sind die Wünsche und Funktionen einmal programmiert, kann musiziert werden. Allerdings gilt sowohl bei klassischen wie bei Instrumenten neuster Technologie: Wer auf hohem Level musizieren will, muss üben!

Der Artikel 30 der UNO-Behindertenrechtskonvention besagt, dass es jedem Mensch mit Behinderung auch in seiner Freizeit möglich sein muss, überall dabei zu sein. Dafür treffen die Vertragsstaaten geeignete Massnahmen, um Menschen mit Behinderungen die Möglichkeit zu geben, ihr kreatives, künstlerisches und intellektuelles Potenzial zu entfalten und zu nutzen. Nicht nur für sich selbst, sondern auch zur Bereicherung der Gesellschaft.

Mit Instrumenten die Menschen erreichen

Dank den neuen Technologien existiert für fast jedes Bedürfnis das passende Instrument – nur ist dies bislang wenig bekannt. Das will das Team von Tabula Musica ändern. Hierfür hat es die interaktive Instrumenteninstallation «Tabula Mobile» ins Leben gerufen, mit der es Sonderschulen und Wohnheime für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Behinderungen in der ganzen Schweiz besucht. «Mit diesem Instrumenten-Parcours möchten wir den Zugang zum Musizieren für Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit Behinderungen erleichtern», erklärt Noel Schmidlin.

Will eine Institution ein Instrument anschaffen, können sich die Mitarbeitenden in Workshops dazu weiterbilden. Die Bedienung der Instrumente ist nicht sonderlich kompliziert. «Wer in seinem Alltag auch andere Apps nutzt, kommt damit schnell zurecht», so Schmidlin. Gerade der Motion Composer sei bei Institutionen sehr beliebt. Allerdings ist dessen Preis hoch, sodass es sich lohnen kann, das Instrument gemeinsam mit anderen Institutionen anzuschaffen. Das Schöne an der Musik ist doch, dass sie gemeinsam erschaffen und genossen werden kann.

Tabula Musica stellt die barrierefreien Instrumente auf ihrer Webseite vor: www.tabulamusica.ch.

Text: Regula Burkhardt Fotos: Sabine Burger/Tabula Musica/RB

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